Heinsberg-Studie

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Dr. Günter Gerhardt schrieb 11 April 2020

Keine Kritik in der kreativen Phase, das hat man mir mal wärend einer Moderatorenausbildung beigebracht.

Jetzt lasst den Kollegen Streeck doch mal machen. Die Idee dort im Kreis Heinsberg zu forschen ist doch genial und, der Mann steht unter einem enormen Zeitdruck, spricht selbst von einer "Harakiri-Aktion" und ganz wichtig von Zwischenergebnissen jetzt Anfang April 2020. Hendrik Streeck sagt: "Wenn die Politik Maßnahmen lockert, während noch die Zahl der Infektionen steig, kann man damit nicht gewinnen. Der einzige Weg daraus sind Fakten. Man muss wissen, wie viele Menschen sowieso schon infiziert sind. Man muss wissen, welche Einrichtungen besonders geschützt werden müssen. Und das versuchen wir nun in sehr kurzer Zeit in einer Art Harakiri-Aktion herauszufinden."

Ein Problem: Es ist höchst fraglich, ob es derzeit tatsächlich schon kommerzielle Antikörpertests gibt, die eine Infektion mit dem neuen Coronavirus trennscharf von einer Infektion mit anderen saisonalen Coronaviren unterscheiden können. Coronaviren sind für etwa ein Drittel aller Erkältungen beim Menschen verantwortlich.. Vier solcher endemischer Erreger zirkulieren im Winterhalbjahr auch hierzulande.

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Dr. Günter Gerhardt schrieb 11 April 2020

Erste Ergebnisse

Heinsberg-Studie macht Hoffnung auf Lockerung der Corona-Auflagen

Der Kreis Heinsberg gilt als Epizentrum der Coronavirus-Pandemie – und ist damit zum Studienobjekt geworden. Ein Team aus Wissenschaftlern will dort exemplarisch herausfinden, wie man langsam zur Normalität zurückkehren kann. Nun gibt es erste Ergebnisse.

Es sei möglich, „in eine Phase zwei“ einzutreten, sagt Streeck.
© Institut für Virologie und HIV-Forschung

Wissenschaftler halten nach ersten Untersuchungen im besonders betroffenen Kreis Heinsberg eine beginnende Lockerung der strengen Coronavirus-Maßnahmen für möglich. Voraussetzung sei aber, dass zum Beispiel Hygiene- und andere Verhaltensregeln weiterhin strikt befolgt würden. „Wir haben gelernt, wie wir uns hygienisch richtig verhalten“, sagte der Virologe Hendrik Streeck am Donnerstag in Düsseldorf. Es sei möglich, „in eine Phase zwei“ einzutreten.

Der Wissenschaftler von der Uni Bonn untersucht zusammen mit weiteren Kollegen, wie sich Sars-CoV-2 im Kreis Heinsberg ausgebreitet hat. Ziel ist es unter anderem, herauszufinden, unter welchen Bedingungen die Corona-Einschränkungen gelockert werden könnten, etwa die Schulschließungen. Der Forschungsauftrag kam von der Landesregierung. Nun gibt es erste, vorläufige Zwischenergebnisse.

Der an der Studie beteiligte Hygiene-Professor Martin Exner hält es für möglich, auch Abiturprüfungen abzuhalten, sofern zum Beispiel Hygiene-Maßnahmen eingehalten werden. Anders schätzt er die Lage in Alten- und Pflegeheimen ein. Dort müsse weiterhin eine „restriktive Politik“ aufrechterhalten werden. Es sei „nicht auszuschließen, dass eine längere Zeit der Abstinenz zu den besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen aufrechterhalten werden muss.“

15 Prozent der untersuchten Bürger waren infiziert

Für die Studie wird besonders die Gemeinde Gangelt im Kreis Heinsberg untersucht. Der Ort gilt als Epizentrum der Coronavirus-Pandemie - der erste bestätigte Corona-Patient in NRW kommt von dort. Die Region hat damit bereits Entwicklungen durchgemacht, die in anderen Orten noch bevorstehen können. Das macht sie zu einem interessanten Studienobjekt. Auch flacht sich im Kreis die Kurve der Infektionszahlen bereits ab. „Der Kreis Heinsberg ist an einer riesengroßen Katastrophe vorbeigeschlittert“, sagte Heinsbergs Landrat Stephan Pusch (CDU).

Die Wissenschaftler, die seit rund zwei Wochen forschen, fanden heraus, dass bei 15 Prozent der untersuchten Bürger eine Corona-Infektion nachgewiesen werden konnte. Teilweise mit milden Verläufen oder ganz ohne Symptome. Sie hätten eine Immunität entwickelt. Zum Vergleich: Am Tag, als die Studie gestartet wurde, waren im Kreis Heinsberg offiziell nur rund 1.250 nachgewiesene Erkrankungen gezählt worden - bei rund 250.000 Einwohnern.

Die Wahrscheinlichkeit, an der Krankheit zu sterben, lag den vorläufigen Zahlen zufolge bei 0,37 Prozent bezogen auf die Gesamtzahl der Infizierten. Die in Deutschland derzeit von der amerikanischen Johns Hopkins University berechnete entsprechende Rate betrage 1,98 Prozent und liege damit um das Fünffache höher, so die Wissenschaftler. Sie unterstrichen aber, dass man deshalb nicht automatisch davon ausgehen könne, dass auch die Gesamtzahl der Infizierten in Deutschland fünfmal höher sei als angenommen. Für diese Abschätzung sei es noch zu früh.

Laschet: Studie ist weiterer Baustein

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte, die Studie sei „ein weiterer Baustein, der uns hilft, zu einer verantwortlichen Entscheidung zu kommen“. Wie diese aussehe, werde in der kommenden Woche mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten der Länder besprochen. „Die Wissenschaftler sagen uns nicht: Mach' es so oder so“, sagte Laschet. „Sondern sie geben uns einen weiteren Baustein an die Hand.“

In einer Unterrichtung des Landtages zu den Zwischenergebnissen der Studie sprach sich Laschet wenig später dafür aus, das öffentliche Leben nach Ostern behutsam in eine „verantwortbare Normalität“ zurückzuführen. „Es wird nichts mehr sein wie vorher“, sagte er. „Aber es wird so viel wie möglich von unseren Freiheiten wieder entstehen - in neuer Rücksichtnahme, neuer Verantwortung und in Distanz.“

 

09.04.2020 14:23:38, Autor: dpa/änd

Dr. Günter Gerhardt schrieb 11 April 2020

Heinsberg-Studie

Es gibt erste Zweifel

Eine Studie im besonders vom Coronavirus betroffenen Kreis Heinsberg weckte am Donnerstag Hoffnung, auf baldige Lockerungen der strengen Corona-Maßnahmen. Nun gibt es erste Zweifel an der Aussagekraft der Studie.

 

 

Der Virologe Christian Drosten von der Charité wartet auf Bestätigungsuntersuchungen im Labor. Erst diese könnten eine mögliche Kreuzreaktivität ausschließen.
© Charité

Seit rund zwei Wochen wird im besonders vom Coronavirus betroffenen Kreis Heinsberg geforscht, wie weit sich das Virus dort bereits ausgebreitet hat. Der Virologe Prof. Hendrik Streeck hatte am Donnerstag erste Zwischenergebnisse präsentiert. Demnach sei in der besonders betroffenen Gemeinde Gangelt bei 15 Prozent der über 500 Probanden eine aktuelle oder bereits überstandene Infektion nachgewiesen worden.

„Dies bedeutet, dass sich 15 Prozent der Bevölkerung in Gangelt nicht mehr mit Sars-CoV-2 infizieren können, und der Prozess bis zum Erreichen einer Herdenimmunität bereits eingeleitet ist“, hieß es in der Veröffentlichung. Dies vermindere die Geschwindigkeit einer weiteren Ausbreitung von Sars-CoV-2 entsprechend. Auf Basis dieser Ergebnisse erklärte Streeck, die strengen Auflagen, um die Epidemie einzudämmen, könnten allmählich gelockert werden, sofern Hygiene- und andere Verhaltensmaßnahmen weiter befolgt würden.

Doch wie valide sind die Ergebnisse wirklich? Fachkollegen von Streeck äußern massive Zweifel an seiner Vorgehensweise, wie „Zeit Online“ berichtet.

Ein Problem: Es ist höchst fraglich, ob es derzeit tatsächlich schon kommerzielle Antikörpertests gibt, die eine Infektion mit dem neuen Coronavirus trennscharf von einer Infektion mit anderen saisonalen Coronaviren unterscheiden können. Laut Angaben des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung sind Coronaviren für etwa ein Drittel aller Erkältungen beim Menschen verantwortlich. Vier solcher endemischen Erreger zirkulieren im Winterhalbjahr auch hierzulande. Doch all das sei auf der Pressekonferenz am Donnerstag nicht erklärt worden.

Der Virologe Prof. Christian Drosten bemängelt: Man müsse unterscheiden, ob es sich um Diagnosen handele oder einfach um Signale aus einem Labortest. „Diese Labortests haben eine hohe Rate an falsch positiven Signalen, rein technisch“, sagte Drosten im „heute journal“. Antikörpertests könnten also auch dann anschlagen, wenn Menschen sich gar nicht mit Sars-CoV-2 infiziert haben, sondern ihr Immunsystem Antikörper gegen eines der vier saisonalen Coronaviren gebildet hat.

Um einschätzen zu können, wie oft es bei dem von Streeck und seinem Team verwendeten Test zu solchen Verwechslungen gekommen sei, brauche man Bestätigungsuntersuchungen im Labor, sagte Drosten.

Sollte sich herausstellen, dass es tatsächlich zu einer Kreuzreaktivität gekommen ist, würden die Schlussfolgerungen von Streecks Team in Frage stehen, so „Zeit Online“. Denn dann hätten vielleicht gar nicht 15 Prozent der Menschen in Heinsberg mit dem neuen Virus gekämpft, sondern ein Teil davon könnte schlicht Antikörper auf die meist harmlosen saisonalen Coronaviren im Blut haben. Mit der Folge, dass dann wesentlich weniger Menschen immun wären.

Der Epidemiologe Gérard Krause, der ebenfalls an dem SMC-Briefing teilnahm, sieht noch ein anderes Problem mit den 15 Prozent. Man dürfe nicht jede positiv getestete Einzelperson zählen, sondern „allenfalls pro Haushalt nur eine Person nehmen“, zitiert ihn „Zeit Online“. Denn wenn eine Person im Haushalt infiziert sei, seien es wahrscheinlich bald alle, und das Ergebnis werde dadurch verfälscht. Streeck bestätigte „Zeit Online“, dass für die Zwischenergebnisse tatsächlich jede einzelne der eingeladenen Personen gezählt wurde – und nicht haushaltsweise. Die Studie sei „mit heißer Nadel gestrickt“ worden, und man werde diese Methodik vielleicht auch noch einmal überdenken, sagte er. Das brauche nun etwas Zeit.

10.04.2020 08:28:18, Autor: mm

 

Dr. Günter Gerhardt schrieb 11 April 2020

„Harakiri-Aktion“

Wie eine Studie in Gangelt dem Land aus der Krise helfen soll

Der Kreis Heinsberg gilt als Epizentrum des Coronavirus-Ausbruchs in Deutschland. Im Kleinen lässt sich daher beobachten, was im großen Land noch droht. Wissenschaftler wollen sich das zunutze machen. Der Studienchef nennt es allerdings eine „Art Harakiri-Aktion“.

Streeck: „Wenn die Politik Maßnahmen lockert, während noch die Zahl der Infektionen steigt, kann man damit nicht gewinnen.“
© Institut für Virologie und HIV-Forschung

Wenn man Hendrik Streeck fragt, warum er Virologe geworden ist, hat er eine fast klischeehafte Antwort parat: „Ich bin mal Virologe geworden, weil ich den Film ,Outbreak‘ mit Dustin Hoffman so toll fand.“ In dem Hollywood-Klassiker von 1995 bricht eine Ebola-Variante aus. Hoffman kämpft für eine Kleinstadt, die zur Begrenzung der Epidemie ausgelöscht werden soll. „Outbreak“ ist ein Film darüber, wie im Kampf gegen ein Virus Helden geboren werden.

Streeck, Virologe von der Uni Bonn, hat nun seine eigene Kleinstadt, sie heißt Gangelt, liegt im Kreis Heinsberg und gilt als Epizentrum des Coronavirus-Ausbruchs – der erste bestätige Corona-Patienten in NRW kommt von dort. Vieles, was woanders noch droht, hat die „Erstregion“ bereits erlebt. Streeck wird sie für eine Studie nun genau untersuchen – um zu ergründen, was Deutschland dort tief im Westen lernen kann. Wie kommt man aus der Corona-Krise? Wann können Einschränkungen des öffentlichen Lebens gelockert werden? Es sind die großen Fragen dieser Zeit. Wenn es klappt, ist Streeck ein Held.

„Wenn die Politik Maßnahmen lockert, während noch die Zahl der Infektionen steigt, kann man damit nicht gewinnen“, erklärt der Wissenschaftler der Deutschen Presse-Agentur das Dilemma. „Der einzige Weg daraus sind Fakten. Man muss wissen, wie viele Menschen sowieso schon infiziert sind. Man muss wissen, welche Einrichtungen besonders geschützt werden müssen“, sagt er. „Und das versuchen wir nun in sehr kurzer Zeit in einer Art Harakiri-Aktion herauszufinden.“

Stichprobe mit 1.000 Probanden

Praktisch bedeutet das laut Streeck, dass mit Hilfe des Einwohnermeldeamtes 500 Familien repräsentativ ausgesucht wurden. Sie sollen in einem improvisierten Studienzentrum in einer Schule untersucht werden – mit einer Blutuntersuchung, einem Rachenabstrich und einem umfassenden Fragebogen. Hatte man gesundheitliche Beschwerden? Mit wem hatte man Kontakt und wie eng war dieser? Wie verliefen die Infektionsketten? Die Familiengröße variiert, am Ende sollen ungefähr 1.000 Leute in der Stichprobe landen.

So soll ein relativ gutes Bild entstehen, wer mit dem neuartigen Coronavirus infiziert wurde und wer nicht – und warum. Es geht darum, die wohl hohe Dunkelziffer der Infizierten aufzuhellen. Gangelt ist dafür perfekt geeignet. „Wir wissen ziemlich genau, wann das Virus in den Ort gekommen ist – der 15. Februar, die Kappensitzung“, sagt Streeck. Auf dieser hatte der erste bestätigte NRW-Infizierte gefeiert, auch weitere Erkrankungen standen in Verbindung zum Karneval. Das ist auch eine Hypothese des Wissenschaftlers. „Es ist immer an Orten ausgebrochen, wo wild gefeiert wurde. In Gangelt war es der Karneval, in Ischgl der Après-Ski, in Bergamo ein Fußballspiel“, sagt Streeck. „Es ist immer: Viele Menschen auf engem Raum.“

Weitere Frage: Inwieweit übertragen Kinder das Virus auf ihre Eltern?

Die Kappensitzung werde man sich daher nochmals anschauen, er hat sich die Teilnehmerliste besorgt. Vor allem interessiert ihn, warum sich bestimmte Gäste dort gerade nicht angesteckt haben. „Es ist ein bisschen wie Detektivarbeit.“ Weitere Frage: Inwieweit übertragen Kinder das Virus auf ihre Eltern? Die Information wäre entscheidend, wenn man eines Tages die Schulen wieder öffnen will.

Die Fragen treiben Streeck, 42 Jahre alt und bei der Arbeit mitunter in Sneakern unterwegs, nicht nur als Virologen um. Dazu hat er sich auch schon entsprechend öffentlich geäußert. „Ich halte die Einschnitte, die wir jetzt haben, für sehr drastisch. Da argumentiere ich aber nicht als Virologe, sondern als Bürger“, sagt er. Ihm fehle die Verhältnismäßigkeit. „Es ist immer schlimm, wenn Menschen sterben. Aber die Frage ist, ob man andere Existenzen gefährdet und dadurch auch Leben aufs Spiel setzt.“ Deswegen seien Fakten wichtig.

Fakten hat er bereits in seinem Team geschaffen – es ist auf rund 70 Leute angewachsen, zunächst war die Rede von 20. Schon in etwa zwei Wochen will er erste Erkenntnisse vorlegen. „Wir machen alles parallel“, sagt Streeck. Wie viel arbeitet er momentan? Er antwortet: „Wie viel ich schlafe, ist wohl die einfachere Frage.“

 

04.04.2020 07:49:09, Autor: dpa

 

Dr. Günter Gerhardt schrieb 14 April 2020

Feldstudie zu SARS-CoV-2: Bei 15 Prozent in Gangelt Infektion nachgewiesen

Donnerstag, 9. April 2020

 

 

/picture alliance, Flashpic

Düsseldorf – In der besonders vom Coronavirus SARS-CoV-2 betroffenen Gemeinde Gan­gelt in Nordrhein-Westfalen (NRW) wurde in einer Studie bei 15 Prozent der untersuchten Bürger eine Infektion nachgewiesen. Das berichtete der Leiter der Feldstudie im Kreis Heinsberg, Hendrik Streeck, heute in Düsseldorf.

Bei diesen ersten, wissenschaftlich repräsentativen Zwischenergebnissen handele es sich um eine eher konservative Berechnung, betonte der Virologe. Die Forscher hatten in rund 400 Haushalten bei 1.000 Teilnehmern Rachenabstriche auf SARS-CoV-2 analysiert, Blut auf Antikörper getestet und Fragebögen ausgewertet. Die vorliegenden Ergebnisse fußen auf 509 ausgewerteten Ergebnissen.

Demnach hätten rund 15 Pro­zent der Bürger in der Gemeinde nun auch eine Immunität gegen das Virus ausgebildet, sagte Streeck. Den Forschern zufolge dürfte die Zeit der Im­munität bei sechs bis18 Monaten liegen, erklärten sie heute vor Journalisten.

Die Letalität lag in der Studie bezogen auf die Gesamtzahl der Infizierten bei 0,37 Pro­zent. Die in Deutschland derzeit von der amerikani­schen Johns Hopkins University be­rechnete entsprechende Rate betrage 1,98 Prozent und liege damit um das Fünffache höher, sagte der Virologe.

Die Rate sei in Gangelt fünf Mal niedriger im Vergleich mit den Daten der Johns Hopkins University, weil man sich auf die Gesamtzahl der Infizierten beziehen könne, erläuterte Gunther Hartmann, Professor für Klinische Chemie und Pharmakologie an der Universität Bonn. Die Gesamtzahl der Inifzierten habe bisher in Berechnungen nicht einbezogen wer­den können. Das seien genaue die Daten, die weltweite gefordert werden, sagte er.

Die Daten, die man habe, würden am Ende dazu führen, dass man Vorausberechnungen in Bezug auf einen möglichen Gesamtverlauf für ganz Deutschland machen könne. Es sei nun Aufgabe von Wissenschaft und Politik es zu erreichen, dass der Letalitätswert durch kluge Maßnahmen minimiert werden könne, bis eine Gesamtimmunität erreicht sei, die „in irgendeiner Form tolerabel“ werde.

Hauptaugenmerk bei einer Öffnung auf Risiko­gruppen fokussieren

Aus Sicht von Hartmann gibt es zwei Möglichkeiten, mit der derzeitigen Lage umzu­ge­hen. Das eine sei eine Impfung. Das würde mindestens ein Jahr dauern – und einen kom­pletten Shutdown könne man über diese Zeit wirtschaftlich schwer verkraften. Also müsse man sehen, dass die Immunität von anderer Seite komme. Eine Immunisierung der Gesamt­bevölkerung sei erreicht, wenn 60 bis 70 Prozent die Erkrankung durchgemacht hätten.

Die Wissenschaftler betonten einhellig, dass es bei einer Lockerung des Shutdowns im Wesentlichen darauf ankommt, Kontaktbeschränkungen, Abstandregeln und Hygienere­geln wie Händewaschen einzuhalten. Martin Exner, Direktor des Instituts für Hygiene und Öffentliche Gesundheit der Universität Bonn, zufolge ist ein Hauptaugenmerk bei einer Öffnung auf Risiko­gruppen wie alte und chronisch Kranke zu legen.

In bestimmten Bereichen des öffentlichen Lebens könne man unter Einhaltung von Hy­gienemaßnahmen und Abstandsregeln die Auflagen zwar „kontrolliert zurückfahren“, sagte der Bonner Wissenschaftler. Aber in Alten- und Pflegeheimen müsse weiterhin eine „restriktive Politik“ aufrechterhalten werden.

Es sei „nicht auszuschließen, dass eine längere Zeit der Abstinenz zu den besonders ge­fährdeten Bevölkerungsgruppen aufrechterhalten werden muss“, sagte er. Das Tragen ei­nes Mundschutzes sei in Altenheimen ganz besonders wichtig. Daher seien besonders in diesem Bereich Investitionen in Schutzmaterial notwendig.

Hygienemaßnahmen trainieren

Exner betonte auch, das Virus könne über einen langen Zeitraum auf Flächen überleben. Um eine Infektion auszulösen, müsse das Virus aber in die Schleimhäute etwa über Mund oder Augen gelangen. Daher sei es wichtig, dass die Bevölkerung lerne, mit den Risiken angemessen umzugehen.

Gründliches Waschen der Hände mit Seife löse die Viren gut ab und könne sie „inaktivie­ren“, sagte der Direktor des Instituts für Hygiene und Öffentliche Gesundheit. Es klinge banal, sei aber wichtig, solche Hygiene-Maßnahmen zu trainieren. Hauptsächlich werde das Virus aber durch Tröpfcheninfektion übertragen – etwa durch Husten. Deshalb sei das Tragen von Mundschutz in Krankenhäusern unerlässlich.

Auch Hartmann, berichtete, nach ersten vorsichtigen Einschätzungen sei davon auszu­gehen, dass der Schweregrad der Erkrankung über Hygienemaßnahmen reduziert werden könnte. „Die Zahl der Erreger hat bei Erstinfektionen Einfluss auf den Schweregrad der Erkrankung.“

Laschet für behutsame Öffnungen nach Ostern

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat sich dafür ausgesprochen, das öffentli­che Leben nach Ostern behutsam in eine „verantwortbare Normalität“ zurückzuführen. Die Rückkehr in die Normalität werde er kommende Woche nach Ostern auch mit den Ministerpräsidenten der Länder und mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erörtern, sagte er. Die Lockerung der Corona-Auflagen werde „behutsam“ und „nicht mit einem Schlag“ gehen. „Aber dass wir nach Ostern diesen Versuch wagen sollten, davon bin ich überzeugt.“

Für die Studie wurde die Gemeinde Gangelt im Kreis Heinsberg untersucht, da er als Epizentrum der Coronavirus-Pandemie gilt. Die Region hat damit bereits Entwicklungen durchge­macht, die in anderen Orten noch bevorstehen können. Zudem flacht im Kreis die Kurve der Infektionszahlen bereits ab.

RKI: Keine Entwarnung

Das Robert Koch-Institut (RKI) erklärte heute, die Zahl der pro Tag neu übermittelten Fälle bewege sich noch immer auf hohem Niveau. Sie habe heute mit rund 5.000 Fällen wieder höher gelegen als gestern und vorgestern mit je etwa 4.000 Fällen. Der Anteil der verstorbenen Infizierten in Deutschland sei erwartungsgemäß weiter gestiegen: auf nun 1,9 Prozent, sagte Wieler.

Er gab zu bedenken, dass die nun registrierten Todesfälle Menschen seien, die vor ein bis zwei Wochen erkrankten. Hintergrund seien Ausbrüche in Pflegeheimen sowie eine ge­nerelle Zunahme von Infektionen bei älteren Menschen. Viele Patienten würden im Kran­kenhaus behandelt, es sei mit weiteren Todesfällen zu rechnen, so der RKI-Chef.

In Deutschland sind nach Angaben der Johns Hopkins University rund 2.350 Menschen an COVID-19 gestorben. 46.300 haben die Erkrankung überstanden. Mehr als 113.000 sind mit SARS-CoV-2 infiziert. © may/dpa/aerzteblatt.de

 

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