JA zur Delegation, NEIN zur Substitution (z.B. Arzt light)

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  • Letzter Beitrag 09 Juli 2017
Dr. Günter Gerhardt schrieb 09 Juli 2017

Auszug aus Bericht Dr. Stephan Hofmeister, stellv. KBV Vorstand am 22.5.2017 KBV VV in Freiburg

"Ich komme nun zu dem zweiten Thema, das ich hier kurz ansprechen möchte: die Zusammenarbeit mit den nichtärztlichen Gesundheitsberufen. Auch hierbei können wir als KV-System neue Duftmarken setzen. Der Patientenbeauftragte Herr Laumann hat in aller Deutlichkeit gesagt, wie er sich die Zukunft vorstellt: Substitution ärztlicher Arbeit durch neue Berufe in Augenhöhe mit den Ärzten. Übersetzt heißt das nichts anderes als: Anstelle des Arztes soll ein neuer nichtärztlicher Sektor geschaffen werden, den der Patient dann auch in Anspruch nehmen muss.
Ich finde, die Debatte um Delegation und Substitution hat ein Gutes. Sie gibt uns die Gelegenheit klarzumachen, wo die Gefahren liegen, wenn beide Dinge vermischt werden.
Eine Substitution ärztlicher Leistungen ist die vollständige Abgabe von Kompetenz und Verantwortung an Dritte. Hierbei entstehen zwingend neue Schnittstellen im System und neue Herausforderungen bei der Abgrenzung von Zuständigkeit und Haftung. Wie das unser System effizienter und für den Patienten besser machen soll, erschließt sich mir nicht. 
Ich frage mich, wer dem Patient bzw. dem Bürger sagt, dass er bei der Umsetzung dieser Pläne in Zukunft in bestimmten Bereichen keine Ärzte mehr aufsuchen kann, sondern seine Sorgen und Nöte auf einer anderen Ebene im Gesundheitswesen vortragen muss. Vor allem stellt sich die Frage, ob dem Bürger das vor den Wahlen gesagt wird. Ein Gesundheitssystem, bei dem Kompetenz, Koordination und Verantwortlichkeit durcheinandergeraten, schwächt sich selbst.
Die Substitution ärztlicher Leistungen kann nicht der richtige Weg sein. Sie findet in westlichen Ländern vor allem dort statt, wo nicht genügend Ärzte vorhanden sind bzw. die Bewohnerzahl auf so riesigen Flächen ausgedünnt ist, dass eine primäre ärztliche Versorgung nicht machbar ist. Sie ist also immer eine wirkliche Substitution ärztlicher Zuwendung.
Wir sind aber in Deutschland, einem wohlhabenden und dicht besiedelten Land, und nicht in den USA, Finnland, Nordschweden oder sonst wo.
Eine vernünftige und moderne Delegation kann jedoch ein Weg sein und wird auch nötig werden! Die Bevölkerung altert, die Morbidität nimmt zu, chronische Krankheiten nehmen zu, Menschen sind „länger krank“ und auch in Deutschland gibt es eine „Landflucht“ bzw. eine Verstädterung. 
Auf der Seite der Ärzte und Psychotherapeuten, aber auch bei den nichtärztlichen Gesundheitsberufen hingegen wirken sich die Ansprüche junger hochqualifizierter Menschen an einen besseren Ausgleich von Arbeit und Familienzeit deutlich auf die Arbeitsleistung pro Kopf aus. Diese beiden Faktoren bedingen, dass in Zukunft mehr denn je geschaut werden muss, welche Aufgaben durch wen erledigt werden können oder müssen. Hier ist ein zukünftiger Bedarf für Delegation erkennbar.
Die KBV wird sich deshalb progressiv mit dem Berufsbild des Physician Assistant beschäftigten und das Entstehen eines einheitlichen qualitätsgesicherten Ausbildungsgangs für den neuen Beruf aktiv begleiten. Wir müssen sicherstellen, dass die Ausbildung den tatsächlichen und sehr differenzierten Bedarf in der ambulanten Versorgung abdeckt und nicht an diesem Bedarf vorbei ausgebildet wird.
Die ersten Gespräche haben wir dazu schon geführt und es werden weitere folgen. Ab morgen wird dieses Thema auch auf dem Ärztetag intensiv diskutiert. Angesichts des zu erwartenden Fachkräftemangels werden solche Delegationsmodelle der Versorgung nutzen".

Dr. Günter Gerhardt schrieb 09 Juli 2017

Auszug aus Bericht Dr. Andreas Gassen, KBV Vorstand am 25.5. 2017 KBV VV in Freiburg

"Was wir aber ernst nehmen sollten, ist eine Idee, die derzeit durch die politischen Debatten geistert, und die die Etablierung eines dritten Sektors in der Gesundheitsversorgung fordert. Manche halten diesen dritten Sektor für die große Lösung in der Notfallversorgung. Die Antwort, mit welchen Ressourcen das gestemmt werden sollte, bleiben sie aber schuldig".

 

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