Mischpreis macht Patient zum Leidtragenden: ein Thema für Das Politische Wartezimmer.

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  • Letzter Beitrag 15 Dezember 2017
Dr. Günter Gerhardt schrieb 01 Juli 2017

Dass wir endlich anfangen müssen, uns zu wehren, wissen Sie liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Entwicklungen rund um den sog. Mischpreis müssen wir unseren Patienten mitteilen mit beispielsweise folgendem Text. Wie Sie das preiswert im Wartezimmer präsentieren können, wird Ihnen in der Kategorie Das Politische Wartezimmer erklärt. 

"Wir wollen Sie liebe Patienten zukünftig auch über angedachte Änderungen informieren, die nicht nur Ihren Ärzten durch noch mehr Bürokratie Zeit für ihre Patienten stehlen, sondern Ihnen richtig schaden können. Durch diese frühe Information erhoffen wir uns Reaktionen/ Proteste aus den Reihen unserer Patienten noch bevor eine neue Bestimmung/ ein neues Gesetz in Kraft getreten ist.
So wird jetzt in der Gesundheitspolitik heftig diskutiert über den sog. Mischpreis.
Der Reihe nach:
Wie Sie wissen geht die Forschung weiter und es gab und gibt immer mal wieder Neuerungen/ Innovationen, um Krankheiten besser behandeln zu können. Wenn jetzt so ein neues Medikament entdeckt wurde, z.B. zur Therapie von Krebs, Diabetes, Rheuma usw., dann stellt sich regelmäßig die Frage, ob das von den Krankenkassen bezahlt wird. Eine Behörde, der sog. Gemeinsame Bundesausschuss, entscheidet, ob dieses neue Medikament dem Patienten zusätzlich nutzt im Vergleich zu dem Medikament, welches die ganze Zeit für diese Krankheit eingesetzt wurde. Besteht ein Zusatznutzen, darf es verordnet werden. Vorher einigen sich die Krankenkassen und die pharmazeutische Industrie noch auf einen Preis, den das Arzneimittel kosten darf. Soweit so gut.
Jetzt gibt es aber neue Medikamente, die gegen verschiedene Krankheiten helfen. Der Gemeinsame Bundesausschuss stellt aber fest, dass ein Zusatznutzen nur bei der einen Krankheit besteht, bei der anderen Krankheit aber nicht. Es hilft zwar auch, aber eben nicht mehr oder besser, als das alte Medikament. Da man nun nicht wollte, dass der Arzt jedes Mal zeitaufwendig nachschauen muss bei welcher Krankheit er das Medikament verschreiben darf und bei welcher nicht, haben sich die Krankenkassen und die pharmazeutische Industrie für diese Fälle auf einen Mischpreis geeinigt…..Warum erzähle ich Ihnen das alles? Weil dem Arzt, wenn er Ihnen ein Medikament verschreibt bei dem kein Zusatznutzen festgestellt wurde, ein sog. Arzneimittelregress droht, d.h. er bekommt den Preis für dieses verordnete Medikament von seinem Honorar abgezogen. Bei vielen Patienten und vielen Neuerungen, kann da schnell eine stattliche Summe entstehen.
Und der Mischpreis sollte ja diesen Regress verhindern, in der Folge sollten Ärzte angstfrei ihren betroffenen Patienten neue Arzneimittel verordnen können.
Doch es scheint jetzt anders zu kommen. Die Krankenkassen sagen jetzt „April April, wir wollen trotz der Mischpreiskalkulation einen Regressantrag stellen, wenn der Arzt ein neues Medikament für eine Krankheit verordnet hat, für die kein Zusatznutzen festgestellt wurde".
Was wird passieren liebe Patienten? Dem Arzt ist es nicht zuzumuten in  einer vollen Praxis zeitaufwendig im Internet nachzuschauen, ob er dem vor ihm sitzenden Patienten mit seiner speziellen Krankheit jetzt dieses neue Medikament verordnen darf oder nicht. Aus lauter Angst vor einem Regress wird er lieber gar keine neuen – vielleicht sehr hilfreichen – Arzneimittel mehr verordnen…..Und die jungen Ärztinnen und Ärzte fragen sich, ob sie unter solchen und ähnlichen Umständen den Weg in die Selbstständigkeit wagen sollen"

Jetzt geben Sie liebe Kolleginnen und Kollegen, die  jetzt diese Zeilen lesen, bitte in unser aller Interesse diese Botschaft weiter. Wir müssen das ursprüngliche deutsche Gesundheitssystem erhalten mit guten Ärztinnen und Ärzten in Kliniken und Praxen. Delegation wird von uns unterstützt aber keine Substitution ("Arzt light" und Ähnliches).     
 

 

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Dr. Günter Gerhardt schrieb 15 Dezember 2017

Der GKV-Spitzenverband hat jetzt einen Prototypen des Arztinformationssystems (AIS) vorgestellt.

Szenario volle Praxis, der Patient sitzt uns gegenüber, wir wollen ihm etwas verordnen, klicken das AIS an, öffnen das Muster 16 und entscheiden uns für das Präparat, die Packungsgröße und den Hersteller. Es folgt ein Pop-up Fenster, das eine Ultrakurzform des Zulassungstextes einblendet und die GBA (= Gemeinsamer Bundesausschuss) Beschlüsse. Wir sehen die unterschiedlichen Patientengruppen und Teilindikationen des GBA Beschlusses und den jeweiligen Zusatznutzen. Wir erfahren, dass bei der einen Patientengruppe ein erheblicher Zusatznutzen ausgesprochen wurde, bei der anderen Gruppe nicht. Für beide Gruppen werden unterschiedliche zweckmäßige Vergleichstherapien direkt ohne weiteren Klick mit aufgeführt. Die Vergleichstherapien, für die der Hersteller Studiendaten vorgelegt hat, sind farbig markiert, damit auf einen Blick klar ist, worauf sich der GBA bezieht und worauf nicht. Uns werde mit diesem AIS sogar Arbeit abgenommen, weil wir nämlich früher erkennen würden, wenn wir GBA-Empfehlungen nicht entsprechen würden. Das Konfliktfeld Wirtschaftlichkeitsprüfung werde dadurch entspannt. 

Merken Sie was liebe Kolleginnen und Kollegen? Keine Frage, ein Thema für Das Politische Wartezimmer, weil wir damit unseren Patienten erklären können, warum sich unser Nachwuchs gegen eine Niederlassung entscheidet. 

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